Der Brexit, Ratten und sinkende Schiffe

Keine zwei Wochen ist es her, da haben sich die Briten mit knapper Mehrheit gegen einen Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen. Eine ungeheuerliche Frechheit und quasi panzerbrechende Munition für das Lager der Fraktion, die ja schon immer wusste, dass das gemeine Volk zu doof für solche Entscheidungen ist und mit starker Hand in die richtige Richtung gezerrt werden muss.
Dabei hatten die in der Mehrheit älteren Brexit-Befürworter doch eigentlich nur erkannt, was dem jüngeren und vielleicht noch etwas massenmedienunkritischen Bevölkerungsanteil eventuell verborgen geblieben war: Nämlich dass immer wenn man denkt, dass es die Eurokraten in Brüssel eigentlich nicht noch schlimmer machen können, schon der nächste Schritt in ein Fettnäpfchen folgt. Erst letzte Woche ließ man Palästinenser Präsident Abbas unter dem tosendem Applaus des EU Parlaments (machte ebenfalls strahlend mit: EU-Parlamentspräsident Martin Schulz) darlegen, dass die mittelalterliche Mär vom Juden als Brunnenvergifter eben doch stimmt. Ob dies daran liegt, dass die Brüsseler Eurokratie einfach in einem Elfenbeinturm lebt, diese vielleicht einfach nur völlig ignorant und arrogant ist, oder ob da nicht vielleicht doch etwas zu viel Alkohol oder andere Rauschmittel im Spiel sind – wer weiß das schon?

Sicher, auf der Insel darf man noch unbefangen aussprechen, was auf dem Festland schon lange nicht mehr geht, ohne als "Populist“ geächtet zu werden - dass man die EU-Version von Europa für eine eklatante und brandgefährliche Fehlentwicklung hält und daher ablehnt. Dennoch sprachen sich Schwergewichte aus Finanzwesen, Großindustrie und Politik medienwirksam gegen einen Austritt der Briten aus. Dieser, trotz erheblicher Widerstände errungene Erfolg der Brexiteers schien jene Lügen zu strafen, die der Ansicht waren, dass man aus der EU nur so austreten könne, wie die baltischen Staaten aus der UdSSR – nämlich gar nicht.

Und was geschieht nun nach diesem nur historisch zu nennenden Sieg des Brexit-Lagers? Die Hauptpersonen Boris Johnson und Nigel Farage – der Mainstream nennt sie „Anstifter“ – räumen in weniger als zwei Wochen das Feld. Die ebenfalls historische Niederlage in Brüssel führte im Gegenzug allerdings zu keinerlei personellen Konsequenzen – „united we stand“. Die Damen und Herren Kommissare kleben in ihren Sesseln wie sonst nur Kanzlerin Merkel und einst ihr Ziehvater Helmut Kohl: „Mehr Europa, weiter so!“

Motive des plötzlichen Abtauchens

Über die Motive von Farage & Co. kann man nur spekulieren. Sind es, wie es uns der Mainstream pausenlos eintrichtert, tatsächlich nur gewissenlose Hasardeure, die aus persönlicher Eitelkeit mit dem Schicksal ihres Landes spielten, nun aber die Kärrnerarbeit der Austrittsverhandlungen scheuen? Das wäre in der Tat „skrupellos“.
Das Wort „Skrupellos“ beinhalten dieser Tage auch viele Titelgeschichte der Journaille, in welchen man sich vornehmlich den „Psychopathen an der Macht“ widmet. Nicht nur DER SPIEGEL, auch der Deutschlandfunk widmete dem Thema dieser Tage ein ausführliches Erklärstück.
Interessanterweise wurden dort jedoch nur solche Personen als Narzissten angeführt, die in fundamentaler Opposition zu aktuellen Politik stehen: Farage, Johnson, Trump, Wilders, Putin, etc. Narzissten, die in den USA oder der EU in Amt und Würden sind, mochte man nicht benennen. Das ist aus Sicht eines Staatssenders zwar verständlich, hat aber schon auch ein eindeutiges „G’schmäckle“. Dem politischen Gegner per Ferndiagnose Krankheit zu unterstellen hat leider eine lange und traurige Tradition.

Exit vom Brexit?

Im Ergebnis steht die Brexit-Kampagne aufgrund der beiden Rücktritte vor einem Scherbenhaufen, der auch nach einer Abstimmungsniederlage nicht größer hätte sein können. Eine Steilvorlage für die meisten Wochenmagazine, die ja sowieso die wahre Meinung der Briten besser kennen, als diese selbst. Die Inselbewohner seien lediglich vom charakterlosen „Brexsack“ (so die Schmähname von BILD für Nigel Farage) in die Irre geführt worden. Der „Exit vom Brexit“ macht bereits die Runde. Auch bei der EU nutzt man die Gunst der Stunde, um gegen die im Moment kopflos daherkommenden Brexiteers noch einmal ordentlich nachzutreten. Der Charakter mag sich im Alltag formen, aber er zeigt sich in Extremsituationen – besonders dann, wenn jemand glaubt, gerade Oberwasser zu haben.

Ratten und sinkende Schiffe

Ein besonders schäbiges Bild, das herumgereicht wird, ist das von den Ratten, die das sinkende Schiff verlassen. Die Bezeichnung eines politischen Gegenspielers als „Ratte“ würde üblicherweise einen Aufschrei aufgrund der geschichtsvergessenen Verwendung entmenschlichender Nazisprache und wahrscheinlich auch einen mittleren Aufstand der Anständigen auslösen. Der blieb allerdings aus, denn wenn mit dem Begriff auf Boris Johnson oder Nigel Farage eingedroschen wird, dann geht das nach dem Gusto der Politkorrekten schon irgendwie in Ordnung – zweierlei Maß, wie üblich. Der deutsch-österreichische Ausnahmeschauspieler Christoph Waltz bezeichnete Farage sogar als „Oberratte“, wie der Spiegel ohne den leisesten Hauch von Kritik an der Wortwahl vermeldete.
Jean-Claude Juncker benutzte – wie viele andere auch – das Bild vom „sinkenden Schiff“. Unklar, welches genau gemeint ist – die Brexit-Bewegung, Großbritannien oder die EU selbst? Schließlich seien an dieser Stelle zwei kleine Nebenbemerkungen zur inflationären, abstoßenden und letztlich falschen Verwendung von Rattenvergleichen in der politischen Auseinandersetzung erlaubt: Erstens, der Rattenfänger von Hameln („Brexit-Rattenfänger“) lockte die Ratten im Auftrag der Stadtoberen aus Hameln heraus. Erst als diese ihn nach erfolgreicher Tätigkeit um seinen Lohn prellten, verschleppte er die Kinder der Stadt. Eine Politik der leeren Versprechungen hatte also bereits in dieser Sage einen maßgeblichen Anteil an dem Leid der Menschen, weil sie den braven Kammerjäger zum „Wutbürger“ mutieren ließ. Zweitens sei zur Ehrenrettung der Ratten gesagt, dass deren sprichwörtliches Verhalten, ein sinkendes Schiff zu verlassen, das sie selbst ohnehin nicht retten könnten, vor allem ein Hinweis auf die Intelligenz dieser Tiere ist.

Fazit: So doof, wie uns das die gerade im Aufwind befindlichen Demokratiegegner und die gleichgeschaltete Presse weiß machen wollen, ist die Bevölkerung gar nicht. Die sog. Schwarmintelligenz führt oftmals zu sehr intelligenten Verhaltensweisen der sozialen Gemeinschaft. Eine Organisation zu verlassen, die transparenten und demokratischen Prozessen so feindselig gegenüber steht wie die EU, kommt Autokraten und Zentralismus Freunden natürlich ungelegen. Die Briten werden daran aber vermutlich mit einem Lächeln zurück denken, wenn der EU Dampfer rattenfrei gen Meeresboden sinkt...


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