Europa - eine wunderbare Idee. Prinzipiell.

Die EU ist für mich etwas sehr Persönliches" oder "Die EU kann der Motor sein, der die Welt rettet" - so oder ähnlich romantisch angehaucht lesen sich dieser Tage die Überschriften von Beiträgen, die für die europäische Idee und eine Beteiligung an den Europawahlen werben. Und von seinem Wahlrecht Gebrauch machen sollte am kommenden Sonntag wirklich jeder EU-Bürger. Die Frage ist nur, ob sich mit der EU in ihrer gegenwärtigen politischen Ausgestaltung wirklich die europäische Idee verwirklichen läßt. Und auch wenn das mediale Getöse ein anderes Bild zeichnet - mit diesen Zweifeln bin ich beileibe nicht alleine.

Heinrich August Winkler ist ein Historiker, der wie kein zweiter für das Projekt des Westens warb. Inzwischen mahnt auch er an, die gravierenden Demokratiemängel endlich anzugehen, welche die Brüsseler Administration kennzeichnen. Von unseren "Qualitätsmedien", insbesondere den öffentlich-rechtlichen, wird immer wieder der Eindruck erweckt, die europäischen Bürger hätten mit ihrer Stimme maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der europäischen Entscheidungsträger und damit einen gewichtigen Einfluss auf den europäischen Kurs insgesamt. Dem ist aber leider eher nicht so. Einen Einfluss haben die Wähler lediglich auf die Zusammensetzung des europäischen Parlaments, dessen Rechte im Vergleich mit den Rechten der Landesparlamente ein Witz sind (bspw. kein Recht auf Gesetzesinitiative!). Diejenigen, die entscheiden sitzen in der europäischen Kommission und werden ernannt, aber eben nicht gewählt. Würde man in Brüssel etwas mehr von Demokratie halten, dann würde man sich um eine echte demokratische Legitimation bemühen.

So entsteht der Eindruck, dass die EU-Kommission eher ein Klub der Bürokraten als ein Gremium der Demokraten ist. Manche gehen so weit der EU ein ähnlich gutes Verhältnis zur Demokratie zu bescheinigen, wie China zu den Menschenrechten.

Die Art und Weise wie Kritiker und Anhänger nationalstaatlicher Souveränität (seit wann ist das eigentlich eine schlechte Idee?) denunziert werden, rundet das Bild ab. Die Schmutzkampagne gegen die österreichische Regierungskoalition steht dabei nur beispielhaft. Forderungen wurden laut, Facebook solle dazu angehalten werden, EU kritische Beiträge zu löschen. Gut dass Charles de Gaulle das nicht mehr mitbekommt.

Und dann fragt man sich allen Ernstes mit großen runden Augen, warum die Briten die EU verlassen wollen. "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt“ und „Die Dinge müssen geheim und im Dunkeln getan werden“ sind Aussagen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Wenn das Demokratieverständnis des Mannes, der an der Spitze der EU steht, so aussieht, dann wird die EU scheitern. Und zwar zu Recht.

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