Conchita Wurst und der kalte Krieg

Bis vor wenigen Tagen wurden die Schlagzeilen noch von einer Krise beherrscht, die unsere Aufmerksamkeit tatsächlich verdient, nämlich die in der Ukraine. Das hat sich schlagartig geändert, denn ab jetzt regiert die Wurst-Krise. Natürlich nicht aus Sicht der metro-visionären Eurovision-Macher, für die der Sieg ihrer bärtigen Scheindame im Hinblick auf das Fortkommen der Menschheit locker den Schritt der ersten Astronauten auf dem Mond in den Schatten stellt. Aber sicherlich im Hinblick auf den Austausch in sozialen Netzwerken, in denen es selten so unsozial vorging: Da wünscht man sich gegenseitig das Verrotten in den Untiefen der Hölle an den Hals, nur weil die Gegenseite eben einfach so verdammt intolerant ist.

Die diesjährige Hauptattraktion des Eurovision ist eigentlich zu skurril um wahr zu sein. Aber irgendwie konnte man auch erahnen, dass so etwas irgendwann kommen musste: Ein bärtiges Wesen in Frauenkleidern wird von Österreich ins Rennen geschickt und mischt den größten europäischen Sangeswettbewerb auf. Zugegeben - hätte ich Kinder, dann wären sie an dem Abend vermutlich etwas früher im Bett gelandet als üblich. Etwas weiter östlich wird man den Auftritt wahrscheinlich und nicht völlig unberechtigt eher in Richtung Untergang Westeuropas deuten. Dazu muss man natürlich wissen, dass die Zeichen In Russland derzeit stark auf straight stehen. Kein Wunder, man möchte wohl angesichts der Tatsache, dass Putin gerne mal seine blanke Brust präsentiert, größere Unruhen in der Bevölkerung vermeiden.

Wir im Westen dagegen sind dagegen ja quasi die Speerspitze der Toleranz. Besser konnte man es doch kaum inszenieren: Harald Glööckler´s irre Schwester gewinnt den Chanson d'Eurovision. Na wenn das kein Zeichen setzt. Schwule Fußballer müssen sich künftig schon ein bisschen mehr als ein simples Outing einfallen lassen, wenn sie dafür den Respekt der Nation einfordern möchten. Aber so abgefüllt mit neuzeitlicher Toleranz und transsexueller Empathie werden wir den natürlich wieder reichlich gewähren, auch wenn es den in der Menschheitsgeschichte eigentlich eher für eine bestimmte Leistung gab, als für das Bekenntnis zu einer sexuellen Orientierung. Egal, Hauptsache wir haben den russischen Hinterwäldlern mal gezeigt, wo der Hase lang läuft.

Dass der Song Contest kein Musikwettbewerb im engeren Sinne ist war ja eigentlich schon länger klar. Da konnte die aserbaidschanische Combo krächzen, dass sich einem die Fußnägel aufrollten - die Punkte aus Georgien waren gebucht und bereits in die Punkteprognose eingerechnet. Nur Deutschland hat es irgendwie nie geschafft, genug Unterstützungsvereine mobilisieren zu können. Aber dafür ist es jetzt eh zu spät, denn es scheint, als habe der vorgeblich musikalische Wettbewerb eine neue Stufe erklommen - ab jetzt heißt es Ost gegen West.

Die westliche Geheimwaffe gegen die verbohrten Russen konnte sich der Sympathien des Publikums, dem man inzwischen offenbar erfolgreich beigebracht hat, was es politisch korrekt zu denken und worüber es „begeistert“ zu sein hat, natürlich gewiss sein. Ganz anders als die hübschen russischen Sängerinnen, die wohl einfach durch ihre heterosexuellen Vibes nervten und dafür die verdienten Buhrufe ernteten. Zumindest aber konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Russen durch den Einsatz ihrer unverkennbar weiblichen Agentinnen eine verblüffend einfache Antwort auf die den Westen so quälende Genderfrage geben wollten - und die heißt Mann und Frau.


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