Die vergessene Lektion der Kreuzzüge - oder warum Europa sich in einer Glaubens- und Identitätskrise befindet
Hollywood nennt sie „fanatische Ritter“. Die Universitäten lehren sie als „unprovozierte Aggressoren“. Die Medien sehen in ihnen das Mittelalter in Blut und Eisen gegossen. Doch die Geschichte der Kreuzzüge war nie so einfach. Im Jahr 1095, als Papst Urban II. den ersten Kreuzzug ausrief, war Europa kein Angreifer, sondern ein Kontinent in der Defensive. Zwei Drittel der christlichen Welt waren zu diesem Zeitpunkt bereits durch aggressive islamische Expansion erobert worden – von Syrien bis Spanien, von Jerusalem bis Alexandria. Die Parole „Deus vult“ – Gott will es – war kein Aufruf zum Erobern, sondern zum Zurückholen. Natürlich, der Kreuzzug war kein rein moralisch reines Unterfangen. Er war, wie jede menschliche Unternehmung, ein Gemisch aus Frömmigkeit, Machtpolitik und Hybris. Aber wer die Kreuzzüge nur als „christlichen Imperialismus“ versteht, ignoriert, dass sie zugleich der verzweifelte Versuch einer bedrohten Zivilisation waren, sich selbst zu behaupten. Europa ohne Got...



