Viel Rauch um Nichts: Von Mohren und dem Struwelpeter

 „Eine Straße mit einem belasteten Namen“ betitelte die WZ am 9. Juli einen ihrer Artikel. Es geht dabei um die Mohrenstraße in Wuppertal, die ihren Namen im Jahr 1873 erhielt. Mit einer Depesche an den deutschen Konsul im britischen Kapstadt, "dass er und seine Niederlassungen unter dem Schutz des Reiches stehen“, machte Bismarck am 24. April 1884 "Südwest" (Namibia) zur ersten Kolonie des  deutschen Kaiserreichs. Die Benennung der Mohrenstraße kann also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eine Folge deutscher Kolonialgeschichte sein. Das ist deshalb wichtig, weil wir an einem wirren Punkt der Menschheitsgeschichte angekommen sind, an dem man jeden Straßennamen und jedes Denkmal einer Prüfung der politischen Korrektheit unterzieht. Auch vor der Kunst macht man dabei nicht halt und zensiert klischee- und hatespeechbeladene Klassiker wie Pipi Langstrumpf oder "Vom Winde verweht".

Aber kurz zurück zur Mohrenstraße. Aus einem Bericht des Hamburger Abendblattes vom 06. November 2019 geht zudem hervor, dass der Soldatenkönig Friedrich I. auf eine Fortsetzung der kolonialen Abenteuer verzichtete und die westafrikanischen Besitzungen des Reiches bereits im Jahr 1717 für 6000 Dukaten an die Holländer verkaufte. Zusätzlich verlangte er die Zusicherung zur Stellung von "12 Mohren", von denen sechs mit Goldketten behangen sein sollten. „Mohr“ bezeichnete zunächst einen „Bewohner Mauretaniens (Marokkos), Äthiopiens“, später auch einen Menschen mit dunkler Hautfarbe. Weder geschichtlich noch semantisch lässt sich also ein rassistischer Kontext herleiten.

Nun ist es ja bei weitem nicht so, als wäre es nur die Mohrenstraße, die vom politisch korrekten Umbenennungswahn betroffen ist. Auch die sich keiner Schuld bewusste Zigeunersauce transportiert offenbar allein durch ihre Präsenz im Discounterregal rassistische Untertöne und muss daher in Paprikasauce umbenannt werden. Dann aber bitte auch schon mal überlegen, wie der Hamburger demnächst benannt werden darf. Ganz schlimm sieht es demnach auch für das Wiener Würstchen aus. Oder den Amerikaner – was wird denn da für eine Botschaft transportiert? Dass alle Amis flach und nur mit Zuckerglasur zu ertragen sind?

Die meisten sche nen vergessen zu haben, dass es nicht Worte oder Begriffe sind, die einen Rassisten ausmachen, sondern seine Taten. Wie viele Kinder sind mit Pippi Langstrumpf und ihrem Vater dem Negerkönig aufgewachsen? Oder dem Mohr im Struwelpeter? Wurde da in Kinderjahren schon der Nährboden für den aufkeimenden Rassismus bereitet?

Die Antwort hat die emerierte Bremer Psychologieprofessorin Ellen Reinke gegeben. Die Fixierung auf bestimmte Begriffe und Ausdrücke bezeichnete sie als „fetischierte“ Sprache mit der Diagnose „Sprachobsession“.

Da kann man der Sprachpolizei eigentlich nur gute Besserung wünschen. Und der Mohrenstraße noch ein langes Leben.

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