Ciao freies Internet: Kennt ihr Artikel 13 schon?
In den letzten Monaten und Jahren sind die Bestrebungen den freien Austausch von Meinungen und Ideen im Internet zu regulieren immer deutlicher zutage getreten. Dabei tun sich insbesondere europäische Regierungen besonders hervor. Kein Wunder eigentlich wenn man den Zensur und Regulierungswahn der EU im Allgemeinen betrachtet. Inspiriert davon brachte uns Zensurminister Maas ja kürzlich erst das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, ein übles Machwerk, welches eher einem kommunistischen Regime gut zu Gesicht stehen würde. Der freie Informationsverkehr, wie ihn das Internet einmal bot, ist den Mächtigen ganz offensichtlich ein Dorn im Auge. Neben dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz zeugt davon insbesondere die DSGVO und jetzt eben auch der bereits angesprochene Artikel 13. Was hat es damit auf sich?
Seit dem Jahr 2016 berät die EU, damals noch vom Digitalkommissar Günther Öttinger angestoßen, über ein neues Urheberrecht. Der vorgeschobene Grund sind die vielen Urheberrechtsverstöße auf Plattformen wie Youtube oder Facebook, begangen von Usern mit Bildern oder Filmen aus fremden Quellen. Die Urheberrechtsreform, so die offizielle Lesart, soll dies zu Gunsten der Rechteinhaber eindämmen.
Wenn eine solche Reform nun breits seit zwei Jahren verhandelt wird, scheinen hier sehr unterschiedliche Meinungen aufeinander zu prallen. Aber keine Sorge, die Zensurlobby sitzt immer am längeren Hebel. Das Ergebnis dieser Reform hat für jeden Nutzer des Internet Konsequenzen, die schwerwiegender kaum sein könnten.
Nach jahrelangem Hin und Her gibt es seit dem 13.02.2019 eine definitive Fassung des möglichen Gesetzestextes, welchen die Europaabgeordnete Julia Reda auf ihrem Blog veröffentlichte. Leider ist die Fassung bisher nur in Englisch verfügbar, eine offizielle deutsche Übersetzung wird es wohl erst in ein paar Wochen geben.
Wer nicht die Zeit hat sich ausfürlicher darüber zu informieren hier die Kurzfassung:
Der Artikel 13 sieht vor, dass fast alle Plattformen (es gibt nur wenige Ausnahmen), auf denen Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke hochladen können, für die Rechtmäßigkeit ihrer Nutzeraktivitäten haften. Im Klartext heißt das, dass sich Plattformen wie Youtube Lizenzen bei allen Rechteinhabern dieses Planeten einholen müssen, damit ihre Nutzer die Werke der Rechteinhaber online stellen können.
Wer sind diese Rechteinhaber? Nun, jeder, der Urheber irgendeines Werkes ist. Das kann eine Filmproduktiosfirma sein, aber auch ein kleiner mittelständiger Fotograf oder ein Buchautor. Jede Plattform soll “beste Anstrengungen” unternehmen, sich Lizenzen für alle möglichen urheberrechtlich geschützten Werke, die ihre Nutzer hochladen könnten, zu besorgen.
Kann die Plattform das nicht nachweisen, wäre sie direkt haftbar für einen Urheberrechtsverstoß, auch wenn sie von diesem Verstoß gar nichts wusste. Woher soll z.B. Google, der Eigentümer von Youtube, auch wissen, welche Videos wirklich von den Kanalbetreibern kommen und welche illegal hochgeladen wurden?
Sollte ein Rechteinhaber Material bei der Plattform hinterlegen, welches er auf keinen Fall von anderen hochgeladen haben möchte, so wäre die Plattform auch verpflichtet den Upload zu unterbinden. Dies bewerkstelligt Google jetzt schon über sogenannte Uploadfilter.
Nun zielt dieser Artikel 13 offiziell hauptsächlich auf große Plattform wie eben Youtube ab. Doch schließt sie ausdrücklich auch kleinere Plattformen in die Haftung mit ein. Auch kleine Social Media Plattformen, freie Bilddatenbanken oder Filesharing-Plattformen, die kaum Umsatz machen, sollen ihre Bemühungen um Lizenzen (von wem auch immer) nachweisen, sonst würden sie für jede Urheberrechtsverletzung direkt haftbar gemacht.
Es ist klar, dass viele kleine Plattformen ihren Dienst einstellen würden, weil sie die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung nicht tragen könnten. Denn genau wie die DSGVO (Strafe bis zu 50 Mio Euro) droht auch Artikel 13 mit drakonischen, völlig lebensfremden Strafen.
Jedem ist klar, dass man nicht einen Vermieter für illegale Handlungen eines Mieters, die ohne Wissen des Vermieters in einer seiner Wohnungen verübt werden, haftbar machen kann. Sobald er davon Kenntnis erlangt ist die Lage eine andere, aber eine pauschale Haftung würde Vermietung zu einem existenzbedrohenden Geschäft machen. Niemand kann einfach so pauschal für das Fehlverhalten eines anderen haften. Das unternehmerische Risiko dafür ist einfach nicht kalkulierbar.
Diese Reform und insbesondere der Artikel 13 wird also das Internet, wie wir es kennen, komplett verändern und unsere Freiheiten als Nutzer enorm einzuschränken. Eine Petition dagegen auf Change.org hat Stand 05.03. 11.00 Uhr bereits fast 5 Millionen Unterstützer. Eine Eildemo dagegen ist ebenfalls bereits anberaumt, weil die Unterstützer ihren unsäglichen Gesetzesvorstoß im Eiltempo durchpeitschen und die entsprechende Abstimmung vorziehen wollen.
Denn die Urheberrechtsreform ist bis heute noch keine gültige Richtlinie der EU. Zunächst muss das Europaparlament noch zustimmen. Das aber ist wie so oft im Grunde nur noch eine Formsache. Ich hoffe inständig dass ich mit dieser Vermutung vielleicht doch falsch liege.
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