Wenn Gott plötzlich links wird – Über die Politisierung des christlichen Glaubens im Öffentlich-Rechtlichen
Wenn plötzlich nicht mehr die Bibel, sondern der Zeitgeist entscheidet, was „christlicher Glaube“ sein darf, brennt etwas lichterloh – und nicht im theologischen Teil. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die konservativen Christfluencer entdeckt und reagiert auf deren Existenz mit erstaunlicher Nervosität.
Es gibt Themen, bei denen man nicht lange um den heißen Brei herumreden sollte. Eines davon ist die Frage, wer heute eigentlich noch bestimmen darf, was „christlich“ ist – und was nicht. Der jüngste Beitrag aus dem öffentlich-rechtlichen Milieu über sogenannte „Christfluencer“ in der "Aktuellen Stunde" des WDR ist dafür ein Lehrstück. Nicht, weil er neue Erkenntnisse liefert. Sondern weil er in seltener Offenheit zeigt, wie sehr Teile von Kirche und Staatsfunk inzwischen am selben Projekt arbeiten: den christlichen Glauben als moralische Hilfstruppe des Zeitgeists umzubauen.
Und damit sind wir mitten im eigentlichen Skandal: Es geht mal wieder um die Deutungshoheit.
Die alte Masche: Der Gute Pfarrer und die bösen Laien
Das Narrativ ist schnell erzählt. Da gibt es den evangelischen Pfarrer – freundlich, modern, medienaffin. Einer, der dem Publikum signalisiert: „Keine Sorge, der christliche Glaube ist kompatibel mit allem, was ihr ohnehin schon denkt.“ So jemand darf reden. Mehr noch: Er wird ausdrücklich als Aufklärer präsentiert.
Und dann gibt es die anderen. Christen, die Bibelstellen tatsächlich wörtlich nehmen, die konservative Schlüsse ziehen, die offen aussprechen, dass Glaube eben nicht nur Wellness, sondern auch Zumutung ist. Diese Leute werden als problematisch markiert: „selbsternannt“, „unfundiert“, „rechts“, „gefährlich“. Der Klassiker.
Man muss das klar sehen: Hier wird kein Streit unter Christen beschrieben. Hier wird ein Gegner definiert.
Christlicher Glaube – aber bitte staatlich geprüft
Der christliche Glaube ist im Grundgesetz ausdrücklich geschützt. Nicht „nur, solange er ins Redaktionskonzept passt“. Sondern frei, unabhängig, gewissermaßen unantastbar.
Was aber macht der Beitrag? Er schlägt vor, Jugendliche müssten in der Schule „aufgeklärt“ werden, welche christlichen Botschaften online legitim seien. Übersetzt heißt das: Der Staat soll indirekt entscheiden, welche Auslegung des christlichen Glaubens akzeptabel ist.
Das ist eine schleichende Umkehrung. Der christliche Glaube wird nicht mehr als unabhängige Instanz betrachtet, die dem Staat Grenzen setzt. Sondern als pädagogisches Material, das der Staat sortiert: hier gut, da böse. Wer einmal verstanden hat, wie frühere Systeme mit „falschem Glauben“ umgingen, bekommt bei so viel pädagogischer Fürsorge eine leise Gänsehaut.
Wenn Glaube nur noch Echo ist, ist er keiner mehr
Der vielleicht tiefste Punkt in diesem ganzen Schauspiel ist die stillschweigende Prämisse, dass christlicher Glaube bitte nicht stören dürfe. Er soll bestätigen, was man ohnehin glaubt. Er soll die politische Grundmelodie begleiten, nicht unterbrechen.
Aber ein christlicher Glaube, der mit jedem herrschenden Zeitgeist deckungsgleich ist, wird zur Liturgie des Liberalismus. Dann ist er nicht mehr Glaube, sondern Dekor. Ein „Gefühlsanker“ mit Pfarrerkollar.
Das sieht man an den Beispielen:
Sex vor der Ehe? „Geht mich nichts an.“
Rollen in der Ehe? „Brandgefährlich.“
„Er schuf sie als Mann und Frau“? Liegt wohl an der Übersetzung.
Und wenn irgendjemand die Bibel anders liest, ist das nicht Bibeltreue, sondern Manipulation.
Die Pointe? Genau diese Haltung nennt sich dann „aufgeklärt“.
Die eigentliche Angst: Unabhängige Moral
Warum diese Nervosität? Warum wird mit solcher Energie gegen konservative Christen gefeuert?
Weil christlicher Glaube Menschen unabhängig macht.
Unabhängig von medialen Moden.
Unabhängig von staatlich verordneter Moral.
Unabhängig vom täglichen „Was man heute halt so denkt“.
Wer eine höhere Instanz kennt und ihr die entsprechende Bedeutung beimisst, lässt sich schwerer in die gewünschte Richtung schieben.
Das ist der Grund, warum der öffentlich-rechtliche Apparat so empfindlich reagiert, wenn jemand aus der Bibel etwas ableitet, das nicht ins progressive Handbuch passt. Es ist kein theologischer Streit. Es ist ein Machtkampf um die seelische Infrastruktur der Gesellschaft.
Der Trick mit dem „gefährlichen Satz“
Besonders entlarvend ist, wie die konservative Position verzerrt wird. „Unterordnung der Frau“ wird auf Gewaltbeziehungen zugespitzt, als wäre das der logische Kern der Aussage. Das ist eine alte Technik: Man nimmt einen Begriff, legt ihn absichtlich maximal bösartig aus – und bekämpft dann die eigene Karikatur.
Der Satz „Suche dir einen Mann, der deiner Unterordnung würdig ist“ wird zu „Bleib bei einem gewalttätigen Mann, weil Gott es so will“. Das ist nicht Missverständnis. Das ist perfide und arglistige Methode.
Die neue Staatskirche
Was hier sichtbar wird, ist eine merkwürdige Rollenverschiebung:
Die evangelische Kirche, die historisch einmal Schutzraum vor weltlicher Macht war, übernimmt zunehmend die Sprache der weltlichen Macht. Und der Staatsfunk, der eigentlich neutral berichten soll, agiert wie ein theologischer Zensor.
Am Ende steht eine Art „Staatskirche 2.0“ – nicht im formalen Sinne, aber funktional. Eine Kirche, die nicht mehr gegen den Zeitgeist steht, sondern ihn geistlich weihevoll nachspricht. Und ein Rundfunk, der nicht mehr nur berichtet, sondern gläubige Abweichler politisch etikettiert.
Das hat nichts mit Pluralismus zu tun. Das ist Gleichschaltung in Pastellfarben.
Wer entscheidet, was „christlich“ ist?
Man kann konservative Christen mögen oder nicht. Man kann ihre Lebensregeln streng finden oder sinnvoll. Man kann über Bibelauslegung streiten – selbstverständlich.
Aber wer glaubt, dass man diesen Streit durch staatliche „Aufklärung“ oder mediale Diffamierung lösen sollte, der hat schon aufgehört, in Freiheit zu denken.
Denn der entscheidende Punkt ist nicht, ob die im Beitrag genannten Influencer wie Jana Heiholder, Jasmin Friesen oder auch die "O´Bros" recht haben. Der entscheidende Punkt ist: Dürfen sie es überhaupt noch sagen?
Und wenn die Antwort darauf irgendwann lautet:
„Nur solange es dem öffentlich-rechtlichen Staatskirchenpfarrer gefällt“ –
dann braucht man sich nicht mehr wundern, warum so viele Menschen dieser "Spielart" des Glaubens den Rücken kehren.
Denn nichts zeigt deutlicher, wie dünnhäutig der Apparat reagiert, sobald ein Glaube auftaucht, der nicht als Deko für die Agenda taugt. Verwunderlich ist das freilich nicht, denn es waren im Laufe der Geschichte immer wieder Frauen und Männer des Glaubens, die den Mächtigen gefährlich wurden.
Warum?
Weil sie einem König dienen, dessen Reich nicht von dieser Welt ist und dadurch nicht korrumpierbar sind. Wenn über diese Christfluencer also so berichtet wird, wie es der WDR im aktuellen Fall mal wieder getan hat, dann wissen sie hoffentlich, dass es sich dabei im Grunde um eine Auszeichnung handelt. "Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt." (Mt.5, 11+12)

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