Was können wir unseren Kindern noch zumuten?

 Auf die öffentlich gestellte Frage der kleinen zehnjährigen Mathilda hin, ob sie wohl je wieder in der Schule neben ihrer Klassenkameradin sitzen könne, antwortete der Ministerpräsident des Freistaates Bayern Markus Söder kürzlich so: "Irgendwann schon, und zwar dann, wenn Corona besiegt ist. Allerdings wird das noch etwas dauern. Das wird deswegen dauern, weil, solange wir keinen Impfstoff haben, so lange müssen wir aufpassen."

Mal ganz abgesehen davon, dass sich sehr viele Menschen diesen Impfstoff wohl nicht freiwillig werden spritzen lassen, bleibt die Frage was passiert, wenn der "Sieg" gegen Corona ausbleibt. Kinder sind gemäß der Denkweise des CSU-Politikers eine große Gefahr für die Erwachsenen, insbesondere weil sie so fies sind, nicht krank zu werden, und trotzdem (überraschend) die eigenen Vorfahren mit ihren Viren töten können. Abgesehen davon, dass das irgendwie falsch klingt: Wie wirkt sich eine solche Botschaft auf die Psyche eines zehnjährigen Kindes aus? 

Die Kleinen können sich kaum gegen die Befehle der Erwachsenen wehren, und oft wollen sie es auch nicht, denn sie haben noch ein unbegrenztes Vertrauen. Auf der anderen Seite sind auch die Kleinsten nicht so blöd, dass sie nicht merken, dass die Maskerade auf dem Schulhof im Widerspruch zum sorglosen Spielen mit den Freunden und Geschwistern zu Hause stehen. Bei Jugendlichen werden die Gegensätze noch krasser. Es gehört zum heranwachsenden Wesen, die Regeln der Großen zu hinterfragen. Weil Überzeugen manchmal zu kompliziert oder zu anstrengend ist, wird mit Drohungen, Strafen und Druck gearbeitet. Die Jugend findet dann oft Wege, die Regeln zumindest heimlich zu umgehen. Nach und nach koppeln sie sich von der überbehüteten Umklammerung ab und führen zumindest teilweise ein eigenes Leben mit dem einen oder anderen Geheimnis, das die „alten Säcke“ einfach nichts angeht. 

Die Massenmedien verstärken das Ganze noch und fördern das Misstrauen von jedem gegenüber jedem, insbesondere die Skepsis der Älteren gegenüber den Jüngeren. Die Jugend gilt ohnehin als dumm und unerfahren, störrisch, unvernünftig, selbstsüchtig und uneinsichtig. In unserer kinderunfreundlichen Gesellschaft ist in manchen Kreisen nur ein abgetriebenes Kind eine gute Sache. Im nach offizieller Lesart pandemischen Zeitalter leiden vor allem einsame und alte Menschen an der Isolation und an der verordneten Distanzierung. Keine Chorproben, kein Theater, kein Konzert, keine Seniorenreise, alles, was den Rentnern noch Freude im Leben bereitet, wird ihnen staatlich verordnet weggenommen. Noch nicht einmal Trauerfeiern sind gestattet. Und wer ist schuld? Erstaunlicherweise sind es nicht die Regierungen, die mit ihren Beschlüssen den Menschen alltägliche Freuden rauben und unter Strafe stellen. Es sind die Kinder, die Jugendlichen und die jungen Erwachsenen, die daran schuld sein sollen, weil sie so unvernünftig sind und sich in der Phantasie der Medien nicht den gebotenen bedingungslosen Gehorsam zeigen. In den Zeitungs- und Nachrichtenmeldungen des Hauptstroms kann man täglich lesen, wie junge Leute sogenannte Corona-Partys feiern und sich einen feuchten Kehricht um die Todesängste der älteren Bevölkerung scheren. Angeblich wurden Jugendliche gesichtet, die absichtlich und rotzfrech in einer Straßenbahn den Fahrkartenentwertungsapparat mit der Zunge abgeleckt haben, um den empörten Mitfahrern mitzuteilen „Ihr könnt uns mal mit eurem blöden Corona-Wahn“. 

Natürlich sind solche Geschichten entweder erfunden oder medial übertrieben und aufgeblasen. In der Realität ist die Jugend eher weniger rebellisch, als es die heutige Rentnergeneration in ihrer Jugend war. Allerdings braucht man auch nicht zu glauben, dass jeder seine Freiheiten komplett beim Staat und bei den Behörden abgeben möchte. Da die Welten der unterschiedlichen Altersgruppen wenig bis gar keine Berührungspunkte haben, werden „Skandalmeldungen“ in den Massenmedien hungrig aufgesogen und sind als Blitzableiter für allerlei Frustrationen hochwillkommen.

Spannend wird es, wenn demnächst die Massenimpfungen gegen Covid-19 durchgeboxt werden sollen. Vor gut zehn Jahren, als man alle gegen die Schweinegrippe impfen wollte, haben sich die Bürger und die meisten Ärzte in Deutschland, in Frankreich sowie in vielen anderen Ländern dagegen gewehrt. Eine Ausnahme bildete Schweden, wo Millionen Menschen geimpft worden sind. Bei etwa 500 Kindern kam es zu schweren Hirnschäden, alles einzelne und sehr tragische Fälle, die es ohne die Impfungen nicht gegeben hätte. Möglicherweise ist das der Grund, warum Schweden jetzt den bekannten Sonderweg ging. Kinder können sich nicht gegen eine Impfung wehren, wenn sie ihnen von den Erwachsenen aufgezwungen wird. Mit der Pflichtimpfung gegen Masern (ohne die man keinen Kindergarten und keine Schule besuchen darf) hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bereits einen Testballon gestartet. Drohen den Kindern jetzt ähnliche Zwänge bei der Anti-Corona-Impfung?

Eltern und Großeltern können als Vorbild wirken, insbesondere wenn sie sich für die Jugend interessieren und vernünftige Werte vorleben. Die Übernahme von Verantwortung und der Mut zur eigenen Persönlichkeit sind entscheidend, auch (wenn es sein muss) gegen die vorgegebene Norm. Die Vorstellung, man könnte eine ganze Generation brechen und charakterlich und als einheitliche Masse ins Abseits führen, ist glücklicherweise unrealistisch. Umso mehr, wie Eltern ihre Kinder bei der Gestaltung eines selbstverantwortlichen Lebens und der Entwicklung eines kritisch denkenden Geistes an die Hand nehmen. Das jedenfalls müssen wir unseren Kindern zumuten.

Niemand kann die Zukunft vorhersagen. Es kann immer noch schlimmer werden, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Es bleibt spannend. Oder um klassisch-poetisch mit Johann Wolfgang von Goethe zu schließen: „Und alles Drängen, alles Ringen ist ewig Ruh in Gott, dem Herrn.“

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