Kann man der Bibel trauen?
Diese provokative Frage war Inhalt unzähliger Diskussionen in der Menschheitsgeschichte, wobei sie vor allem in jüngster Zeit mit zunehmendem Stellenwert der Wissenschaft besonders an Bedeutung gewonnen hat. Unzählige Bücher und Artikel behandeln das Thema aus allen möglichen Perspektiven und argumentieren für jeden erdenklichen Standpunkt, von einem blinden Glauben an völlige Irrtumslosigkeit bis hin zu völliger Skepsis und völligem Unglauben. In der akademischen Welt spielt sich die Frage nach der Wahrhaftigkeit der Bibel als Konkurrenz zwischen zwei Ansätzen ab, die als "Maximalismus" und "Minimalismus" bekannt sind. Einfach ausgedrückt glauben Minimalisten, dass historische Berichte in der Bibel mit extremer Skepsis behandelt werden sollten, es sei denn, sie werden durch andere archäologische oder dokumentarische Beweise gedeckt. Im Gegensatz dazu argumentieren Maximalisten, dass die Bibel eine extrem gute Erfolgsbilanz hat – selbst nach rigorosen Tests durch die moderne Wissenschaft – und daher sollten ihre Geschichten als glaubwürdig angesehen werden, es sei denn, sie werden ernsthaft durch andere Beweise widerlegt.
Ein gutes Beispiel für einen maximalistischen Ansatz führender akademischer Gelehrter kommt von Cyrus Gordon und Gary Rendsburg, die in "The Bible and the Ancient Near East" schreiben: "Während wir immer die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass der Text falsch ist, müssen wir dies mit dem Wissen tun, dass der Trend der archäologischen Entdeckung darin besteht, sogar Punkte [der biblischen Geschichten] zu bestätigen, die [zuvor] als falsch abgelehnt wurden." Tatsächlich wurde eine große und größer werdende Anzahl von Namen, Ereignissen und anderen Elementen, die in der Bibel erwähnt werden, durch die Entdeckungen der modernen Archäologie bestätigt.
Erst letztes Jahr berichteten zahlreiche Medien von einem Team, das am Ausgrabungsprojekt Tall el-Hammam in der Nähe des Toten Meeres arbeitete. Das Team war zu dem Schluss gekommen, dass eine riesige Meteorexplosion für die Zerstörung der alten bronzezeitlichen Zivilisation in diesem Gebiet verantwortlich war. Die wissenschaftliche Beschreibung des theoretisierten Ereignisses weist eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem biblischen Bericht in Genesis 19,24-25 auf: " Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen auf Sodom und Gomorra, vom Herrn, vom Himmel herab... und zerstörte diese Städte und die ganze Ebene und alle Bewohner."
Maximalisten werden diese erstaunliche Korrelation als einen weiteren Grund sehen, die biblischen Berichte als glaubwürdig zu würdigen. Einige Minimalisten halten dem entgegen, dass Sodom und Gomorra ihrer Meinung nach nicht in dieser Gegend lagen. Am Grunde des toten Meeres will ein Forscherteam jedenfalls Spuren einer untergegangenen Zivilisation entdeckt haben und möchte das Gebiet mit Sonden demnächst einer genaueren Untersuchung unterziehen.
Ähnlich gelagerte Fragen und Argumente tauchen ständig auf, wenn neue Entdeckungen gemacht werden, die veranschaulichen, wie sehr unsere vorgefassten Meinungen und Annahmen unsere Interpretationen von Texten und Beweisen beeinflussen. Wer der Sache wirklich auf den Grund gehen möchte, sollte genau im Auge behalten, was in Israel aus archäologischer Sicht so alles passiert. Besonders wenn die Dispute um Ausgrabungen am Tempelberg ein Ende gefunden haben, ist mit Funden zu rechnen, die unser Weltbild entweder bestätigen oder komplett auf den Kopf stellen...
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