Die Kollision der Wunschwelt werdender Eltern mit der Realität

Niku Elias befindet sich mittlerweile auf der Zielgeraden und klopft immer öfter an Mamas Bauchdecke, ein klares Zeichen dafür, dass er bald heraus möchte. In weniger als dreißig Tagen, mitten während der Fußballweltmeisterschaft, wird es dann wohl auch so weit sein. Grund genug nach über zwei Jahren mit meinem Erstling Kian Immanuel ein Resümee zu ziehen und einen realistischen Ausblick zu wagen.
Was auch immer behauptet wird - das Elterndasein ist der härteste Job der Welt, Punkt. Ok vielleicht ist es tatsächlich noch ein kleines bisschen anstrengender in der Fremdenlegion oder als Mann von Daniela Katzenberger. Aber der drittanstrengendste Job der Welt ist es ganz sicher.
Es fängt eigentlich zumeist ganz harmlos an. Man denkt, man sei sich über die Jobanforderungen im Klaren. Füttere sie, bade sie, sorg dafür dass sie glücklich und am Leben sind. Auf dem Papier scheint es so simpel zu sein.

Aber dann gibt es da diese unglaubliche Anzahl an Variablen, die man nicht berücksichtigt, wenn man diesen Job antritt. Was ist, wenn mein Partner völlig andere Vorstellungen von der Kindeserziehung hat? Was ist, wenn mein Kind mit einer mentalen oder physischen Behinderung auf die Welt kommt? Was ist, wenn es sich als Soziopath oder Satansbraten heraus stellt? Klar, man denkt immer, dass einem selber so etwas nicht passiert, aber so funktioniert es eben nicht immer.
Sobald man von der Schwangerschaft erfährt, hat man in etwas noch acht Monate Zeit, einen Schlachtplan auszuarbeiten. Man recherchiert in Ratgebern und malt sich aus, was für eine Art von Erziehungsberechtigter man sein wird. Jedes Szenario wird bedacht und eine entsprechende Strategie zurechtgelegt. Man wird die perfekte Mutter/der perfekte Vater sein und das tadellose Benehmen des eigenen Kindes wird für jeden ersichtlich die ausgefeilten Erziehungsmethoden der Eltern spiegeln. Ja sicher.
Nur dass wir uns richtig verstehen: Es ist ein absolut vorbildliches Bestreben, wenn jemand sich mit so viel Wissen wie eben möglich wappnet, um die bestmögliche Elternrolle einzunehmen. Vielen Eltern stünde ein solches Verhalten gut zu Gesicht. Aber mit ein wenig Branchenerfahrung und ein paar Kontakten in der Szene lässt sich dann doch relativ leicht attestieren, dass sich die Dinge nur in seltenen Fällen so entwickeln, wie man das ursprünglich antizipiert hatte. Am besten kann man das exemplarisch an ambitionierten Vorstellungen werdender Eltern illustrieren:

"Mein Kind wird niemals in der Öffentlichkeit eine Szene machen"

Herrlich naive Erwartungshaltung, die alsbald von der Realität regelrecht pulverisiert wird. Denn natürlich wird dein Kind eine Szene machen, wahrscheinlich die Mutter aller Szenen. Es wird regelrecht aus dem Nichts kommen und wahrscheinlich nur daran liegen, dass dem Kleinen die Mütze ein wenig verrutscht ist. Kein Papa Blog kann einen auf diesen Moment vorbereiten. Und ja, natürlich wird man sich die verurteilenden Blicke der Umstehenden einfangen, genau wie man andere Mütter und Väter vorher auch ansah, bevor man selber einer wurde. Andere Eltern erkennt man übrigens an dem aufmunternden Lächeln, das sie einem zuwerfen.

"Mein Kind wird nur gesundes, organisches Essen bekommen"

Das kann und wird wahrscheinlich eine ganze Weile gut gehen, denn natürlich hat man als Eltern die Kontrolle darüber, was man für sein Kind kauft. Aber sobald der erste Kindergeburtstag ansteht, ist der gutgemeinte Plan seinem Ende nahe. So lange du also nicht vor hast, deinem Kind auf Schritt und Tritt mit einer Taserpistole in der Hand zu folgen, wird es eines Tages der dunklen Seite der Junk Food Macht erliegen. Aber mal ehrlich, prinzipiell ist man sowieso schon froh wenn das eigene Kind keinen Dreck oder die Zigarettenkippen isst, die es im Park gefunden hat.

"Ich werde mein Kind niemals anschreien"

Irgendjemand hat mir vor einiger Zeit einen Artikel zugesendet, in welchem dargelegt wird, welchen Bärendienst man der emotionalen Entwicklung seines Kindes tut, wenn man es anschreit. Jetzt ist es nicht so, als wäre dieser Artikel ein totaler Augenöffner für mich gewesen, denn natürlich weiß ich darum, dass es nicht gut ist sein Kind anzuschreien. Aber es ist eben auch relativ unvermeidbar. Jedenfalls so lange man nicht das Gemüt eines sedierten Elefanten besitzt. Wir sind eben nur Menschen. Und wenn man gerade eine sehr kurze Nacht hinter sich hat und das eigene Kind sich aufführt wie Gordon Ramsey auf Steroiden dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass man mal die Kontrolle über sich verliert.

"Ich werde mein Kind niemals Fernsehen oder auf einem IPad spielen lassen"

Wenn es einen Menschen auf diesem Planeten gibt, der sein Kind so lange wie möglich von TV und Smartphone Technik fern halten will, dann bin ich es. Sein Kind einfach vor einen Bildschirm zu setzen löst keine Probleme, es schafft eher welche. Aber es passiert dann eben doch. Weil Eltern irgendwann eine Pause brauchen. Es ist wahrlich nicht die beste Methode, aber manchmal die einzige, nachdem einem das Kind für drei Stunden unentwegt am Rockzipfel hing. Je eher man das akzeptiert, desto besser.

Unsere Kinder werden nicht immer unsere Erwartungen übertreffen. Sie rebellieren, kämpfen, enttäuschen und testen uns. Genau wie wir unseren Platz als Eltern zu finden versuchen, kämpfen sie darum heraus zu finden, wer sie überhaupt sind. Sie werden beständig unsere Geduld testen und unsere Fähigkeiten in Frage stellen. Sei also nicht zu hart mit dir selber Mama oder Papa. Denn so lange du sagen kannst dass du Alles und dein Bestes gegeben hast, ist der Rest nur Kollateralschaden der lediglich die Mühsal und Anmut des dritthärtesten Jobs der Welt widerspiegelt.


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