Mit der Pandemie auf zu neuen Ufern der Macht
Im Januar 2020 ging die große Unsicherheit in Deutschland um, als in den sozialen Medien vermehrt Videos zu finden waren, auf denen Chinesen zu sehen waren, die auf offener Straße unvermittelt in sich zusammenbrachen. Andere wurden offenbar wider ihren Willen von Staatsbediensteten in Quarantäneeinrichtungen verbracht. Was war da los? Mussten wir uns Sorgen machen? Unsere Regierung hatte doch sicherlich bereits Pläne für den Ernstfall in der Schublade oder?
Aber die Kanzlerin blieb zunächst bedeckt, und Spahn wärmte derweil sein Herz an der Aufmerksamkeit, die ihm entgegengebracht wurde, denn die Medien, immer auf der Suche nach dem nächsten Hype, hatten einfach nichts Brauchbares gefunden. Und so begannen sie, Jens Spahn zum möglichen Kanzler, Hoffnungsträger und Merkel-Nachfolger hochzuschreiben. Doch die Geschichte verkaufte sich nur schleppend, und als Corona auftauchte, mit einem unermesslichen Potenzial an Panik, Angstmache und schrecklichen, Mitleid erregenden Bildern und Geschichten, da war kein Halten mehr – Presse und Fernsehen schwenkten um. Sie beerdigten umstandslos Spahns Kanzlerkandidatur, traten ein wenig noch mit skandalträchtigen Darlehensverträgen nach und begannen, das große Thema Corona auszubreiten.
Diese Chance ließ auch die Intendanz des Regierungstheaters nicht ungenutzt. Die alten Schinken „Wärmetod des Weltalls“ und „Ich bete an die Macht der Sonne“ wurden erstmal abgesetzt, nur vorübergehend, so viel wurde klargestellt, und ein neues Stück wurde auf den Spielplan gehoben: „Der Kampf gegen das Virus.“ Das wird seitdem nun landauf und landab gegeben, ohne Punkt und Komma, von morgens bis abends.
Ein düsteres Werk, ohne schmetternde Siegesfanfaren, ganz im Stil des brechtschen Agitproptheaters und inszeniert wie die Berichterstattung der Aktuellen Kamera, wenn die über den Kampf um die Planerfüllung berichtete. Mit ernstem Gesicht wird unseren Menschen da draußen klargemacht, dass massenhaft Tod und Verderben drohen, wenn die von der Regierung gesetzten Verhaltensnormen nicht befolgt, die getroffenen Maßnahmen nicht konsequent umgesetzt und die gesteckten Ziele im Kampf gegen das Virus nicht erreicht werden. Wer daran zweifelt, sich der Regie gar verweigert, vor dem werden noch ganz andere reale Drohkulissen aufgebaut. Teil der Inszenierung sind finanzielle Sanktionen, während für besonders hartnäckige Verweigerer des Illusionstheaters – in früheren Darbietungen umstandslos zu Volksschädlingen, asozialen Elementen oder einfach für psychisch krank erklärt – „Absonderungseinrichtungen“, schönstes Bürokratendeutsch in seiner vollendeten Form, bereitgestellt werden.
Und so wie einst beim Anbruch des kommunistischen Zeitalters – jene perfekte und leider immer noch nicht erreichte Ausbildung des Sozialismus, eben die letzte und vollkommenste Erscheinungsform menschlichen Zusammenlebens, frei von Ausbeutung und alltäglichen Sorgen, wo wir doch da immer so dicht dran waren, mit jedem Parteitag ein Stück näher, ohne es je zu erreichen, derweil immer neue, heroische Anstrengungen des Einzelnen und kollektive Entsagungen verlangt wurden –, so gestaltet sich auch der Kampf gegen das Virus als immerwährender Feldzug mit der 80-jährigen Gewissheit: Weihnachten werden die Soldaten auch diesmal nicht zu Hause sein.
Für diese Inszenierung scheut die Regie keine Kosten, werden doch ganze Branchen an die Wand gefahren, fällt das Bildungsniveau der Jugend, der einzige nennenswerte und krisensichere und überhaupt wichtigste Kapitalstock, den dieses Land hat, immer weiter ab, wird aufgezehrt, bevor er überhaupt zum Tragen kommt. Der gewerbliche Mittelstand wird abgewürgt, die wahrhafte Jobmaschine Deutschlands, die für mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze und damit für etwa 80 Prozent des Aufkommens an Einkommensteuer und Einzahlungen in die Sozialsysteme einsteht, während, nebenbei bemerkt, Großkonzerne in diesem Land kaum noch Steuern zahlen und ihre Beschäftigten zu einem Großteil den Sozialsystemen als Nettoempfänger überantworten.
Die wirtschaftlichen Schäden und sozialen Verwerfungen werden mit ungedeckten Schecks zugeschüttet, ungedeckt, denn die zur Finanzierung der Zahlungen aufgenommenen Kredite werden niemals zurückgezahlt, was ja einer der Kernbestandteile der Handreichung zur Wählerbestechung durch verantwortungslose Finanzpolitiker der „Modern Monetary Theory“ ist. Und schon beginnt im Regierungstheater die unverantwortliche Diskussion, die selbst auferlegte Schuldenbremse, das letzte Bollwerk gegen den Geldsozialismus, abzuwerfen, um „finanziellen Spielraum zur Krisenbewältigung zu gewinnen“, ein widerwärtiges Neusprech, das die anhaltende Unfähigkeit und Unwilligkeit der Politik verdecken soll, ein Staatswesen mit der für den Bürger selbstverständlichen Um- und Vorsicht des ehrbaren Kaufmanns zu verwalten. Zwar können die Zentralbanken unbegrenzt Geld beschaffen, aber für den Ausgleich der leichtfertig aufgehäuften Forderungen muss der Bürger trotzdem aufkommen. Denn selbst Scheingeld vom Staat gibt es nicht umsonst, auch wenn Zusammenhänge elementarer Grundregeln der Staatsfinanzen durch Heerscharen von staatlich alimentierten Experten mit einem Nebelschleier an Fehldeutungen überzogen werden.
Die Eingriffe der Politik in eine auf Wettbewerb und persönlicher Haftung der Kapitaleigner beruhenden Wirtschaft setzen eine sich immer schneller drehende Interventionsspirale in Gang, in deren Gefolge allmählich die Vision einer staatlich gelenkten Wirtschaft Gestalt annimmt, die passende Ergänzung zur gelenkten Demokratie, denn in einer Staatswirtschaft ohne wirtschaftliche Freiheit wird auch die persönliche Freiheit nicht überleben können, wird die parlamentarische Demokratie mit all ihren Institutionen zu einer entleerten Hülle verkommen.
So viel zum Prolog, jetzt Vorhang auf zum ersten Akt, Auftritt Spahn, der zunächst nur beschwichtigt. Denn ausreichende Vorsorge gegen Pandemien war nicht getroffen worden. Was blieb ihm, der sich im Verlauf des Dramas immer tiefer in die Rolle des Tollpatschs versenken wird, dem alles, was er auch anfasst, entgleitet, was blieb ihm also weiter übrig, als aus allen Richtungen der Ruf nach nicht vorhandenen Atemschutzmasken ertönte, als zu behaupten, eben diese Masken hülfen nicht, was zwar nicht völlig falsch ist, jedoch auch nicht ganz stimmt. An seiner Seite die Kanzlerdarstellerin, sie zeigt gleich zu Beginn, aus welchem Holze sie geschnitzt ist und lässt Spahn mit seinen Problemen erst mal seelenruhig im Regen stehen. Sie selbst bleibt lieber im Trockenen.
Im zweiten Akt jedoch nimmt das Drama Fahrt auf, Rechte und Freiheiten werden eingeschränkt, Schlag auf Schlag, wie das Recht auf Demonstrationsfreiheit, das Versammlungsrecht, die Reisefreiheit, ja, selbst das Verlassen der Wohnung wird reglementiert, Schulen, Restaurants, Geschäfte geschlossen. Im Hintergrund derweil der Chor der Medien mit Eil- und Katastrophenmeldungen über stetig wachsende Zahlen von Infizierten, Inzidenzen und Verstorbenen. Danach allgemeines Aufatmen, denn in den Sommermonaten scheint alles gut zu werden, Einschränkungen der Freiheit werden zurückgenommen. Doch alsbald steckt alles inmitten des zweiten Lockdowns, mit noch weitergehenden Einschränkungen, die mehr und mehr verschärft werden, während ein mögliches Ende zwar in Aussicht gestellt, aber immer weiter nach hinten verschoben wird. Der sich stets nach vorn drängende Klabauterbach langweilt derweil das Publikum mit seinen sich ständig wiederholenden Forderungen nach strikter Abschottung und dem totalen Lockdown, totaler als alles, was wir bisher kannten, womit er bereits alles gesagt hat, was er weiß. Mehr ist von ihm nicht zu erwarten.
Gut, kann man alles machen, angenommen, es handelt sich wirklich um eine epidemische Erschütterung von nationaler Tragweite. Doch wie sehen die Zahlen aus? Um das zu klären, nutzen wir die Pause, lassen das Theater mal für eine Weile beiseite und beschäftigen uns mit Statistik. Eine Übersterblichkeit in den ersten vier Monaten, die über die Vorjahre hinausgeht, gab es im Frühjahr 2020 nicht. Einzig wegen des unterschiedlichen zeitlichen Verlaufs der Grippewellen war im Frühjahr 2020 überhaupt eine auf Corona zurückzuführende Übersterblichkeit zu verzeichnen, die dann aber als Feigenblatt für alle verhängten Einschränkungen herhalten musste. Rückblickend war es eine dramaturgische Meisterleistung, anhand dieser äußerst dürftigen Daten bereits im Frühjahr 2020 weitreichende Maßnahmen zur Einschränkung persönlicher Freiheitsrechte zu verfügen, die auch noch in weiten Teilen der Bevölkerung nicht nur widerspruchslos akzeptiert wurden, vielmehr auf breite Zustimmung stießen, was diesmal aber wirklich Anlass zu allergrößter Besorgnis ist, offenbart sich doch hier schonungslos eine auf Manipulation oder auch nur Fehleinschätzung rückführbare Instabilität und Verletzlichkeit demokratischer Gemeinwesen, über deren mögliche Folgen man nur nachdenken sollte, wenn ein guter Wein oder anderer Seelentröster zur Hand ist.
Zum Jahresende 2020 hin stieg die Zahl der coronabedingten Todesfälle wieder merklich an – auf etwa 20 Prozent der Sterbefälle. Das war die Gelegenheit, zunächst einmal im Bundestag das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ zu beschließen, um gleich darauf das gesamte Publikum in den zweiten, noch strengeren Lockdown zu zwingen.
Doch anhand welcher Kriterien lässt sich eine epidemische Lage von nationaler Tragweite überhaupt feststellen? Nur solche Gesetze sind gute Gesetze, die objektiven Kriterien folgen, nicht willkürlich nach Gutdünken angewendet oder ausgesetzt werden können – eine Anforderung, die das genannte Gesetz nicht erfüllt. Die Methode der Wahl ist, die Anzahl der durch den Tod verlorenen Lebensjahre, das ist die Differenz zwischen erreichtem Lebensalter und statistischer Lebenserwartung zum Todeszeitpunkt, im Fachjargon „Krankheitslast“ genannt, heranzuziehen. Mit der Krankheitslast als Indikator lassen sich Epidemien und Katastrophen sauber klassifizieren, indem wir Veränderungen der Krankheitslast im Vergleich zu einem „normalen“ Jahr oder einfach dem Vorjahr betrachten. Ein paar Beispiele hierzu: Käme heutzutage eine Plage wie die Pest über uns, die durchschnittliche Krankheitslast pro Sterbefall würde gleich mit der ersten Welle von reichlich zehn Jahren auf über 40 Jahre hochschnellen, sich also fast vervierfachen. Die jährlich 20.000 Verkehrstoten in den 70ern und die 3.000 Verkehrsopfer heutzutage tragen zur Krankheitslast aller Sterbefälle sieben Prozent beziehungsweise ein Prozent bei.
Wie schneidet hier Corona ab? Insgesamt ist die Krankheitslast aller Sterbefälle 2020 im Vergleich zu 2019 um 3,5 Prozent angestiegen, was sicherlich durch Corona bewirkt wurde. Von der Website des Robert Koch-Instituts (RKI) können für 2020 die Corona-Todesfälle nach Alter und Geschlecht aufgeschlüsselt entnommen werden. Mit diesen Fallzahlen ergibt sich für 2020 eine durch Corona bedingte Krankheitslast von vier Prozent. Die Unterschiede zwischen beiden Werten weisen darauf hin, dass etwa jedes achte Opfer nicht an, sondern mit Corona verstorben ist. Während der ersten Welle im Frühjahr 2020, als die Medien bereits heiß liefen und erstmals weitreichende Zwangsmaßnahmen verordnet wurden, betrug die durch Corona bedingte Krankheitslast ganze ein Prozent. Wieso hat Helmut Kohl niemals Runden mit den Ministerpräsidenten gedreht und wegen der Verkehrstoten die Grundrechte ausgesetzt?
Corona ist eine sich im zeitlichen Verlauf wellenförmig ausbreitende Infektionskrankheit, aber selbst auf dem Scheitelpunkt einer solchen Welle Ende 2020 wurden Corona nicht mehr Lebensjahre geopfert als den ischämischen Herzkrankheiten. Über das Jahr 2020 gemittelt gingen in Deutschland durch Corona weniger Lebensjahre verloren als durch Darmkrebs.
Die individuelle Krankheitslast der an Corona Verstorbenen ist hingegen, anders als bei der Pest, gegenüber der Vergleichsgruppe nicht erhöht, sondern leicht verringert. Wir haben es hier eben mit einer Krankheit zu tun, die auch jüngere Jahrgänge trifft, und zwar annähernd im ähnlichen Verhältnis wie ohne Corona. Die Heimsuchung durch Corona ist mit einer schweren und ernsthaften Grippewelle vergleichbar, wie sie immer wieder auftritt, zuletzt recht heftig 2018, als Spahn unter der Kanzlerdarstellerin bereits den Minister gab, es aber bei Impfappellen beließ, während heutzutage nach Belieben Grundrechte entzogen und gnädig wieder gewährt werden, womit wir uns wieder dem Theater zuwenden.
Nach einer endlos erscheinenden Abfolge von Verlängerungen des Lockdowns hebt sich der Vorhang zum letzten Akt im Drama, dem Auftritt der Untoten, jenen verwesten Gestalten, die immer und überall, wenn ihnen die Stunde geboten scheint, aus ihren Löchern hochfahren und ihre längst totgeglaubte kollektivistisch-sozialistische Agenda präsentieren. Gelangen diese Untoten und ihre Mutanten einmal an die Macht, ist es vorbei mit Freiheit und Grundrechten, ziehen sie in ihrem Herrschaftsgebiet eine Spur der Verwüstung durch die Geschichte, bringen Tod und Verderben, bevor sie wieder verdientermaßen unter die Erde fahren.
Das war so in Russland und seinen Kolonien, traf Deutschland gleich zweimal, was dieses Land nicht davor zu bewahren scheint, es ein drittes Mal zu versuchen, Kambodscha, China, Kuba, Venezuela, Korea, um nur die geläufigsten Beispiele aufzuführen. Kein vernünftiger Mensch, der seinen Kopf noch zur vornehmsten Übung, dem Denken, gebraucht, würde diesen Ewiggestrigen folgen, würden sie ihre Fratzen nicht bei jedem Auftritt hinter einer anderen Maske verbergen. Denn eine wie auch immer geartete Diktatur wird im Westen mehrheitlich abgelehnt, zu angenehm lebt es sich in der rechtsstaatlichen kapitalistischen Marktwirtschaft. Aber wer etwas sein Eigen nennt und schätzt, der hat auch Angst, es zu verlieren, Hab und Gut, die gewohnte Umwelt, das berufliche Fortkommen und das soziale Umfeld und nicht zuletzt das Leben – alles Einfallstore für Verlustängste und von enormem Einschüchterungspotenzial. Auf Einschüchterung beruhendes schlechtes Gewissen und darauf aufbauende Möglichkeiten der Manipulation durch Vorwürfe über strukturellen Rassismus stehen schon länger im Raum. Kritische Bemerkungen zu Energiewende, Klima oder Europa können eisiges Schweigen in früher doch so vertrauter Runde bewirken. Angst ist aber bekanntlich ein schlechter Ratgeber, und so wundert es kaum, wenn in dieser weichgeklopften Gesellschaft nach dem alltäglichen Trommelfeuer an Katastrophenmeldungen zu Corona, all den Infiziertenzahlen und Todesfällen, schrecklichen Einzelschicksalen, nüchterne Bewertung und In-Beziehung-Setzen schlicht unmöglich werden, wenn da Freiheitsverluste nicht nur hingenommen, sondern von der Mehrheit sogar ausdrücklich begrüßt werden.
Unter Mitwirkung aller möglichen gekauften Experten aus Politik und sogenannter Zivilgesellschaft, allen voran die Lakaien aus der Wissenschaft, werden immer mehr staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft gefordert. Sich dabei auf den Wissenschaftlichen Sozialismus zu berufen – jene marxistisch-leninistische Ausgeburt, entworfen als allumfassende und allwissende Lehre und Handlungsanweisung – ist noch nicht opportun. Aber all diese Forderer nach einem großen Umsturz, Umbruch, Neuanfang oder Reset in Wirtschaft und Gesellschaft zum Ende der Pandemie eint das Feindbild Kapitalismus, dem unverhohlen der Kampf angesagt wird, der einzigen Wirtschaftsform, die in den vergangenen Dekaden in vielen Gegenden dieser Welt nicht nur den alltäglichen Hunger beseitigt hat, sondern einen beispiellosen Wohlstandsschub auf diesem Planeten ermöglichte. Wie Lemuren unterwühlen sie ununterbrochen die Fundamente einer freiheitlichen Gesellschaft, bekämpfen offen den Kapitalismus und führen dabei gleichzeitig einen verdeckten Krieg gegen Demokratie und Aufklärung. Was anfangs, im Prolog zum Pandemiedrama, eher wie ein akademischer Diskurs daherkam, zieht sich als chorisches Gemurmel durch alle Akte, endlich aufbrausend zum unüberhörbaren Feldgeschrei nach Schleifung der Grundlagen von Freiheit und Wohlstand in diesem Land.
Klaus Schwab, Professor Klaus Schwab, denn akademische Titel sind immer gut, Begründer des Weltwirtschaftsforums, auch bekannt als die Davos-Verschwörung gegen die Freiheit, dieser Mann ist einer von diesen sich hinter Masken verbergenden Untoten. Er weiß um die Widersprüche und Probleme dieses Planeten, die einer Lösung zugeführt werden müssen, und er weiß natürlich den einzig richtigen Weg. Ja gewiss, es gibt auch die freiheitliche, die liberale Antwort, aber sie ist nur undeutlich zu vernehmen, denn die Maskenträger wurden von der Regie mit Flüstertüten ausgestattet: Voller Durchgriff in den öffentlich-rechtlichen Medien, große und kleine Tageszeitungen, alle folgen bereitwillig den Regieanweisungen, verbreiten die Botschaft der Maskierten. Dazwischen wuseln die Komparsen der zivilgesellschaftlichen Cancel Culture.
Es ist eine überaus emotional aufgeladene Inszenierung, die beim breiten Publikum gut ankommt. Wer sich ihr entziehen will, dem bleibt nur, das in der Quergasse gelegene Freilufttheater aufzusuchen, gelegentliche Wassergüsse von oben müssen in Kauf genommen werden. Das Publikum ein bunter Haufen, dies und das fordernd, darunter Unausgegorenes und Plattheiten, das aber eins eint: der Wunsch nach Freiheit, eben echtes Volkstheater. Doch jetzt noch mal Klaus Schwab: Ziehen wir ihm die Maske runter, denn Klaus Schwab lässt keine Krise ungenutzt, egal ob Rohstoffe, Klima, Migration oder eben Corona. Schwab fordert den radikalen Kurswechsel auf allen Gebieten des Lebens – in der Wirtschaft weg von der Marktwirtschaft, denn in bekannter Manier werden dem Kapitalismus jene Probleme angelastet, die ihm Feinde der Marktwirtschaft aufgehalst haben. Also tönt Schwab: Weg vom Shareholder- hin zum Stakeholder-Kapitalismus – im Klartext: weg von der Gewinnbeteiligung des mit seinem Vermögen haftenden Investors hin zu einer Wirtschaft ganz im Sinne Erich Honeckers, der noch 1988, kurz vor dem Kollaps tönte „Mit dem Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wohle der Menschen“ und damals bereits die Ideenwelt Schwabs zur Wirtschaftspolitik vorwegnahm.
Schwab fordert strengere Arbeitsmarktregelungen, Auftragsvergabe der öffentlichen Hand und Zugang zu staatlichen Beihilfen oder Krediten, immer an Bedingungen geknüpft, die die Politik definiert. Im real existierenden Sozialismus zeigt sich allerdings schnell, dass aus Arbeitsmarktregelungen rasch eine Pflicht zur Arbeit wird, Bedingungen und Auflagen zunehmend hinter staatlichen Planvorgaben zurückzutreten haben, während die Produktivität immer weiter abfällt und die Wirtschaft nicht einmal mehr den dringendsten Bedarf decken kann. Am Ende liegen fruchtbare Landstriche, die ihre Bewohner nicht mehr ausreichend ernähren können. Das war so, das ist so, und das bleibt so, auch wenn die hohe Produktivität der Marktwirtschaft beim Übergang in die Kommandowirtschaft eine vorübergehende Wohlstandsillusion erzeugt, deren Dauer davon abhängt, wie viel Kapitalismus gerade noch überleben kann. Doch wie es auch immer läuft, es kommt unausweichlich der Tag, da steht jede Gesellschaft vor der Frage: Ab in den Gulag oder zurück in die Marktwirtschaft?
Wer wie Schwab, hinter welcher Maske auch immer er sich verbirgt, die Art des Wirtschaftens zu ändern beabsichtigt, der muss auch die Gesellschaft umkrempeln. Und auch hier hören wir Klartext von den Feinden der Freiheit. Ihre Vorstellungen sind so simpel wie gefährlich. Gab es früher ein selbstbewusstes Bürgertum, so setzen die Freiheitsfeinde an deren Stelle die regierungskonforme Zivilgesellschaft mit ihren Aktivisten. Staats- und Regierungschefs werden „hochrangige Führungskräfte aus der Wirtschaft“ und „prominente Meinungsmacher“ als Berater zur Seite gestellt, womit wir, tschüss Aufklärung, anstelle aufgeklärter Monarchen zur „aufgeklärten Führung der Gesellschaft“ gelangen. Für einen Davos-Verschwörer die selbstverständlichste Sache der Welt, treffen sich all diese aufgeklärten Staats- und Regierungschefs der Welt regelmäßig zusammen mit NGOs, jenem demokratisch nicht legitimiertem Tummelplatz der dort ihre Allmachtsphantasien auslebenden Aktivisten, und stimmen ihr weiteres Vorgehen in Fragen, die die Menschheit betreffen, untereinander ab, schaffen so eine „globale Ordnungspolitik“, womit ein zentraler Begriff aus der wettbewerblich orientierten Marktwirtschaft gnadenlos usurpiert und umgedeutet wird. Die Anleihen, die Schwab für seine sozialistische Weltregierung aus Aufbau und Organisation der EU übernommen hat, sind offensichtlich. Beruhigend ist das nicht, weder in der einen noch in der anderen Richtung.
Eine Horrorvision, denn Souveränitätsverluste der bisherigen Staaten bedeuten zwangsläufig Machtzuwachs bei jenen Gremien und Institutionen, die über diesen Staaten stehen. Ein unabdingbares Kontrollgremium, das diese Mächte zu beschränken in der Lage wäre, ist nicht vorgesehen. Parlamente kommen in seinem Denken nicht vor. Zumindest in Deutschland ist die Kontrollfunktion des Bundestages ja ohnehin rudimentär, haben doch immer die Regierungen die parlamentarische Mehrheit. Diese Mehrheit, auf die sich eine Regierung verlässlich stützen kann, ist nur in Gefahr, wenn eine Koalition zerbricht. Kommt vor, ist aber nicht sehr wahrscheinlich, sind doch dann all die einträglichen Pfründe weg.
Unsere Kanzlerdarstellerin hat das alles schon verinnerlicht in ihrem Spiel um Macht und Entscheidungen. Um das Parlament muss sie sich jedenfalls nicht bemühen, sie kann während der Auftritte der Komparsen ungestört am Handy herumspielen oder anderen beim Handyspiel zuschauen. Sie könnte sich auch mit Fug und Recht auf die Bühne stellen und gelassen sagen: „Le parlement, c'est moi!“ Ihre Rolle hätte sie auch im Stil einer Margret Thatcher spielen können, aber das liegt ihr nicht. Und wozu überhaupt?
Kommt der Kritiker mit Zuschauern ins Gespräch, hört er oft die Frage: „Ja was hätte sie denn besser machen sollen?“ Falsch, richtig heißt es: „Was hätte sie denn schlechter machen können?“
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